Mit Allgemeinverfügung vom 26.08.2020, veröffentlicht am 04.09.2020, legte die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zwei Sonntage im zweiten Halbjahr 2020 fest, an denen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ausnahmsweise zwischen 13:00 bis 20:00 Uhr für das Anbieten von Waren geöffnet sein dürfen. Dabei handelt es sich um den 04.10.2020 zu den Festivitäten zum Tag der Deutschen Einheit und zum Festival „Berlin leuchtet“ sowie den 08.11.2020 zum Abschiedsfest für den Flughafen Tegel, zum „JazzFest Berlin“ und zur „Berlin Science Week“. Die Genehmigung zum Offenhalten der Verkaufsstellen an dem jeweiligen Termin gilt unter der Bedingung, dass „die Veranstaltung wie geplant und im analogen Veranstaltungsformat an diesem Termin stattfindet“.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Allgemeinverfügung offensichtlich rechtswidrig. Soweit die Allgemeinverfügung die Sonntagsöffnungen unter die Bedingung stelle, dass die jeweilige Veranstaltung „wie geplant und im analogen Veranstaltungsformat“ stattfinde, genüge dies nicht dem Bestimmtheitsgebot. Die Veranstaltungen „Jazzfest Berlin“ und „Berlin Science Week“ bestünden nach der aktuellen Planung jeweils aus Einzelveranstaltungen, die pandemiebedingt teilweise digital bzw. virtuell stattfinden sollten. Vor diesem Hintergrund bleibe unklar, ob und in welchem Umfang das „JazzFest Berlin“ und die „Berlin Science Week“ noch den Charakter einer die Sonntagsöffnung rechtfertigenden Präsenzveranstaltung trügen.
Die Allgemeinverfügung sei aber auch materiell rechtswidrig. Dabei komme es auf die streitige Frage, ob die sog. Anlassrechtsprechung des BVerwG auf die Rechtslage im Land Berlin anwendbar sei, nicht an. Das öffentliche Interesse an Sonntagsöffnungen nach dem Berliner Ladenöffnungsgesetz setze jedenfalls eine „große“ Veranstaltung voraus, die Bedeutung für Berlin als Ganzes habe. Daran fehle es hier. Die Entscheidung zum Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonntagen setze voraus, dass eine Veranstaltung, die „Bedeutung für Berlin als Ganzes“ haben solle, überhaupt stattfinde. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Festlegung der Ausnahme müsse eine überwiegende Gewissheit dafür bestehen, dass die Veranstaltung auch durchgeführt werde. Anderenfalls sei eine Prognose zu den erwarteten Besucherzahlen als ein Indiz für die Bedeutung der Veranstaltung schlechthin nicht möglich.
Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit fänden in diesem Jahr aber ebenso wenig unter nennenswerter Publikumsbeteiligung statt wie das angegebene Abschiedsfest für den Flughafen Tegel. Vielmehr seien nach der schon im Erlasszeitpunkt geltenden und auch aktuell unveränderten SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin Veranstaltungen unter freiem Himmel mit mehr als 5.000 Personen und (ab 01.10.2020) in geschlossenen Räumen mit mehr als 1.000 Personen gerade verboten.
Die Planung für die „Berlin Science Week“ und das „JazzFest Berlin“ seien ebenfalls nach wie vor nicht in ihren Einzelheiten bekannt, pandemiebedingt sei aber diesjährig nur mit einer nur sehr geringen Ausstrahlungswirkung zu rechnen. Schließlich sei das Festival „Berlin leuchtet“ bereits in den Vorjahren nicht als ausreichend für die Annahme einer Sonntagsöffnung angesehen worden.
Ein öffentliches Interesse liege schließlich nicht in der Stärkung des Einzelhandels, dem Erhalt von Arbeitsplätzen und dem Gesundheitsschutz. Denn die pandemiebedingte Betroffenheit des örtlichen Einzelhandels könne für jeden Sonntag angeführt werden und begründe daher gerade keinen Ausnahmecharakter vom landesweit geltenden Gebot der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim OVG Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht und vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen / Abwicklungsverträgen bei Kündigung durch den Arbeitgeber und gerichtlich bei Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes durch den Arbeitnehmer, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen des Arbeitnehmers und auch die Rücknahme der Kündigung und Weiterbeschäftigung zu erlangen.
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