Als im 19. Jahrhundert die ersten französischen Kolonialherren nach Südostasien kamen, wollten sie von der dortigen Küche nicht allzu viel wissen. Sie brachten nicht nur ihre eigenen Küchentechniken, sondern auch fremdartige Zutaten und spezielle Vorlieben mit. Die lokale Bevölkerung stellte sich darauf ein, wollten aber auch nicht auf ihr eigenes kulinarisches Erbe verzichten. Hinzu kam ein ganz besonderes Klima der Region und so wundert es nicht, dass die Indochine-Küche buchstäblich die Brücke zwischen Ost und West verkörpert. Sie ist ein Sinnbild kreativer Adaption aus zwei Welten, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.
Ein hervorragendes Beispiel dieser Fusion ist das berühmte vietnamesische „Bánh mì“, ein Baguette mit einer Füllung aus Paté, eingelegtem Gemüse und frischen Kräutern. Aufgebaut auf einer französischen Basis, sind es asiatische Zutaten wie Koriander und Sojasauce, die dem Báhn mì seinen unverwechselbaren Geschmack verleiht. Einen ähnlichen Effekt erlebt der Gast bei der allseits beliebten Suppe „Phở“. Hier entspringt alles aus der Brühe des französischen Pot-au-feu, das durch asiatische Gewürze wie Sternanis und Zimt ungeahnte Geschmacksexplosionen kreiert.
Auch Süßspeisen lassen sich durch diese moderne Fusion-Küche transformieren. So gibt es in Vietnam den Karamellpudding „Bánh Flan“, der mit Hilfe von gesüßter Kondensmilch einen unverwechselbaren Charakter erhält. Kondensmilch, früher aus praktischen Gründen ein häufig verwendeter Ersatz für frische Milch, spielt auch im Kaffeebereich eine tragende Rolle: Der berühmte vietnamesische „Cà phê sữa đá“ ist ein Eiskaffee mit gesüßter Kondensmilch und präsentiert neben der vietnamesischen Tradition der Kondensmilch auch die französische Vorliebe für starken Kaffee.
Nicht nur in der Küche finden sich Spuren der Verschmelzung von Ost und West. An sich ein zeitloser Stil, beginnt die Indochine-Architektur, Geschichten zu erzählen. Hier treffen Ost und West auf unnachahmliche Weise aufeinander. So brachte die Kolonialzeit auch hier eine Vermischung von Materialien, architektonischen Elementen und Bauweisen, die es nur dort gibt. Da werden europäische Elemente wie Rundbögen, gefärbte Glasfenster und Fliesenböden in asiatischen Materialien wie Bambus, Holz und Terrakotta ausgeführt und erhalten so ihr ureigenes Gepräge.
Auch in den Innenräumen sind die vielfältigen Einflüsse von östlicher Kultur und westlichem Einfluss zu finden. Große Fenster, hohe Decken und offene Grundrisse erschaffen ein Raumklima, das auch bei tropischer Hitze durch die Luftzirkulation angenehm bleibt. Traditionelle Ornamente wie Lotusblüten, Wolkenmotive und handgefertigte Holzschnitzereien erhalten einen ursprünglichen Flair.
Diese Vielfalt der Einflüsse finden sich heute auf der ganzen Welt überall dort, wo Indochine-Küche zelebriert wird. Auch Hotels und sogar private Wohnräume spiegeln diese Fusion wider. Durch eine geschickte Kombination aus Erdtönen, natürlichen Materialien und einzelnen kunstvollen Details kann man eine Atmosphäre erschaffen, die gleichzeitig behaglich und stilvoll ist.
Aktuell ist ein Trend zu beobachten, der die Indochine-Küche in den Vordergrund rückt. Weit über die Grenzen Südostasiens hinaus experimentieren Spitzenköche mit reichhaltigen Aromen und Techniken aus der Region und verbinden sie mit Zubereitungsweisen aus der Jetzt-Zeit. Immer mit dabei: Nachhaltigkeit durch frische, regionale Zutaten und ressourcenschonende Praktiken – so schaffen es viele Restaurants, die Essenz von Indochine zu bewahren, ohne die Moderne aus den Augen zu verlieren.
Mit Gerichten wie einem zarten Hummer-Curry, einer aromatischen Phở und – ganz am Puls der Zeit – innovativen veganen Kreationen wird die Tradition durch moderne Elemente auf ein neues Level gehoben. Auch das Interieur erzählt die Geschichte einer Verschmelzung von Kulturen: Rattanmöbel, warme Farben und handgefertigte Details laden die Gäste zum Verweilen, Genießen und Staunen ein.
„Unser Ziel ist es, die Geschichten und Aromen Südostasiens mit unseren Gästen zu teilen“, erklärt Nguyen Ngoc Anh Dang. „Wir möchten nicht nur den Gaumen verwöhnen, sondern auch ein Stück Kultur vermitteln.“
Die unverwechselbare Symbiose aus Tradition und Innovation der Indochine-Küche lädt dazu ein, die Welt durch ungeahnte Geschmäcker zu erfahren – ein Erlebnis, das seine Gäste nicht nur satt macht, sondern auch zu kultureller Offenheit inspiriert.